Krisenmanagement Teil 4 – Entscheidungen treffen unter unsicheren und ungewissen Umständen
Die Zeit gute Entscheidungen zu treffen im Zusammenhang mit der aktuellen Krise wird immer kürzer
Wer einmal in der Verantwortung war, für andere Menschen Entscheidungen zu treffen, weiss wie schwer es ist, gute Entscheidungen schnell zu treffen. Wenn Entscheidungen getroffen werden müssen, bei denen es um alles oder nichts geht, wird es noch schwieriger. Die Covid19 Pandemie hat uns einmal überrannt und nun stehen wir ein zweites Mal vor demselben Punkt.
Der übliche Weg der Entscheidungsfindung, egal ob KMU oder Konzern, ist zu langsam für die aktuellen Umstände. Wenn die Umstände ungewiss und unsicher sind und die Informationslage dünn, dann ist es eine getroffene Entscheidung, eine Entscheidung hinauszuzögern.
Um gute Entscheidungen treffen zu können in zeitkritischen Umständen mit unzureichender Sachlage, gibt es 5 Prinzipien, die Dir helfen können:
1. EINE KURZE AUSZEIT NEHMEN
Pausieren und einmal tief einatmen. Das meine ich buchstäblich. Dir selbst einen kurzen Moment zu geben, einen Schritt aus der Situation zu machen, eine Position einzunehmen und Prioritäten zu evaluieren – das ist jetzt wichtig.
Dazu gibt es verschiedene Möglichkeiten:
- Teile Deinem Team mit, dass Du kurz nachdenken musst. Nutze diese kurze Zeit, um über den Tellerrand hinaus zu sehen und den ganzen Umfang der Thematik wahrzunehmen
- Stell Dir vor, als ob Du über allem stehen würdest und betrachte die Situation aus einer Vogelperspektive. Wenn Du mitten im Nebel der Schlacht stehst, kannst Du die Gefahren nicht sehen
- Frage Dich und Dein Team:
- Was ist gerade das Wichtigste?
- Was haben wir übersehen?
- Wie werden sich die Dinge wohl entwickeln?
- Was können wir tun, damit wir langfristig erfolgreich sind und nicht nur für diesen Moment?
Die Fähigkeiten Ergebnisse zu antizipieren und dementsprechend die Handlungen und Massnahmen auszurichten, verhindern Kurzschlussreaktionen die bestenfalls nutzlos, aber normalerweise schädlich sind.
Die Fähigkeiten Ergebnisse zu antizipieren und dementsprechend die Handlungen und Massnahmen auszurichten, verhindern Kurzschlussreaktionen die bestenfalls nutzlos, aber normalerweise schädlich sind.
2. NUTZE DEIN TEAM UND EXTERNE HILFEN
Unser Instinkt als Führungskraft verleitet uns dazu, in Gefahren und Krisen die Befugnisse an der Spitze eines Unternehmens zu konzentrieren. Entscheidungen werden dann in einem kleinen Team und im Geheimen getroffen.
Aber genau dort und dann passieren die dümmsten Fehler. Es ist gerade in solchen Situationen am besten, alle alten Strukturen und Hierarchien aufzubrechen, mehr Leute mit ins Boot zu holen und diese zu ermuntern, ungehemmt und kritikfrei in ein Brainstorming zu treten. Jeder Vorschlag ist willkommen, egal wie absurd er zunächst klingen mag. Alles wieder diskutiert und genutzt.
Als Julius Cäsar während seines Feldzugs gegen die Gallier vor Alesia stand, baute er eine Mauer um die Stadt um Vercingetorix und seine Armee einzuschliessen. Jetzt kam eine neue Gefahr hinzu: von hinten näherte sich eine Armee mit 250’000 gallischen Soldaten und Julius Cäsar und seine Armee waren 1:5 unterlegen. Jeder General würde entscheiden, aus dem Kessel auszubrechen. Was tat Cäsar? Er baute eine zweite Mauer, 100m von der Ersten um Alesia herum entfernt. Er und seine Truppen schlossen sich selbst ein. Das Ergebnis ist bekannt: Julius Cäsar besiegte in dieser Schlacht, in nur 4 Tagen, mit 60’000 Soldaten eine gegnerische Armee mit mehr als 250’000 Kämpfern. Aber nur, weil er eine Idee, die eigentlich total absurd klingt, nutzte und den Gegner damit überraschte.
FISHBOWL MODEL
Es gibt eine Methode, in einem Krisenmeeting gute Entscheidungen treffen zu können. Im englischen nennt es sich das «Fishbowl Model», die deutsche Bezeichnung ist «Innen-/Aussenkreis-Methode). Wikipedia beschreibt die Methode folgendermassen:
Bei der Fishbowl-Methode diskutiert eine kleine Gruppe von Teilnehmern im Innenkreis (im „Goldfisch-Glas“) das Thema, während die übrigen Teilnehmer in einem Außenkreis die Diskussion beobachten.
Möchte ein Teilnehmer aus dem Außenkreis zur Diskussion beitragen, gibt es verschiedene Formen:
Bei der Methode mit dem „Gast-Stuhl“ steht im Innenkreis ein freier Stuhl. Ein Teilnehmer aus dem Außenkreis kann darauf Platz nehmen und mitdiskutieren, bis er alles gesagt hat oder bis ein weiterer Teilnehmer aus dem Außenkreis auf dem Gast-Stuhl Platz nehmen will. Oder ein Teilnehmer aus dem Innenkreis kann seinen Platz freimachen, um einem Teilnehmer aus dem Außenkreis die Mitarbeit im Innenkreis zu ermöglichen.
In einer anderen Form der Methode dürfen Teilnehmer aus dem Außenkreis ein Mitglied des Innenkreises „abklopfen“. Dieses darf dann noch seinen Satz fertig sprechen und macht dann seinen Platz für den Teilnehmer aus dem Außenkreis frei. Diese Form erfordert eine hohe Achtsamkeit und soziale Kompetenz der Teilnehmer, weil alle gleichermaßen den Ablauf steuern müssen.
Oft wird der Ablauf durch einen Moderator unterstützt. Die Arbeit des Innenkreises kann am Ende mit der gesamten Gruppe besprochen werden.
Es hängt von der Grösse Deiner Unternehmung ab, wie dieses Modell eingesetzt werden kann. Dabei gibt verschiedene Ausprägungen, die aber alle eines gemeinsam haben: die kleine Gruppe der Entscheidungsträger nutzt die Expertise vieler, um zu dem bestmöglichen Ergebnis, in der aktuellen Sach- und Informationslage zu gelangen.
Wie kannst Du die passenden Personen für diese Art des Krisenmeetings finden?
- Stelle das Thema klar, das aktuell behandelt wird
- Definiere eine kleine Gruppe von Entscheidungsträgern
- Finde diejenigen, die relevante Beiträge und Informationen liefern können und auch diejenigen, in deren Verantwortung es liegen wird, die Entscheidung ins Unternehmen zu implementieren
- Schaffe eine Räumlichkeit, die dem Modell und der Anzahl der Teilnehmer gerecht wird. Stelle klar, jeder hat das Recht seine Meinung zu äussern, aber nicht jeder hat das Recht die endgültige Entscheidung mittreffen zu dürfen. Es ist ein Forum!
Mit dieser Herangehensweise ist es möglich eine grosse Anzahl an Meinungen, Informationen und Experten anzuhören, ohne viel Zeit zu verlieren. Gerade jetzt, mit Covid19, kann es Dir helfen, die Stimmen derjenigen zu hören und kennenzulernen, die Deine Entscheidungen durchführen müssen.
Ist die Entscheidung einmal getroffen, hast Du im «Fishbowl Model» auch unmittelbar die Gelegenheit, mit denen die die Entscheidung implementieren müssen zu sprechen:
- Was, muss wie umgesetzt werden
- Wie ist der zeitliche Ablauf
- Wer trägt welche Verantwortung
- Und Du kannst sofort die Fragen der Verantwortlichen beantworten. Damit sparst Du unglaublich viel Zeit
3. TRIFF DIE KLEINEN ABER KRITISCHEN ENTSCHEIDUNGEN
Manche Entscheidungen, die getroffen werden müssen, scheinen auf den ersten Blick unbedeutend und klein zu sein, haben aber eine enorme Bedeutung und weitreichende Auswirkungen, wenn sie nicht oder falsch getroffen werden. Es ist Euer Job, als Entscheidungsträger, genau diese Entscheidungen zu finden.
Die grossen Sachen sind jedem offensichtlich. Aber Manches wird leicht übersehen und hat langfristig, unangenehme Konsequenzen. Ein Beispiel aus dem Alltag mit unseren Kunden: In einem Autohaus sollte neue Arbeitskleidung für die Mechaniker angeschafft werden. Man einigte sich auf ein Modell, welches praktisch war, gut aussah und sehr stabil. Kurzum wurde die neue Arbeitskleidung für 60 Mitarbeiter bestellt. Nach wenigen Tagen stellte man fest, einen Punkt übersehen zu haben: die Hosen hatten einen kleinen Metallknopf, zum Schliessen. Jedes Mal, wenn einer der Mitarbeiter einem Kunden schnell helfen wollte, bestand die Gefahr, dass dieser kleine und unscheinbare Metallknopf, einen Kratzer am Fahrzeug des Kunden machen könnte. Das Problem war behebbar, aber wieder mit Kosten und Zeitaufwand verbunden.
Wie kannst Du die kleinen, aber kritischen Entscheidungen entdecken?
- Spiele verschiedene Szenarien durch, wie sich Deine Entscheidung auswirken könnte. Das Antizipieren einer breiten Range von Szenarien und deren möglicher Ergebnisse, führt zur Erkenntnis der daraus folgenden Konsequenzen
- Mach Dir eine Liste mit 5 – 10 Entscheidungen, die Du heute treffen wirst. Denke darüber nach, welche Konsequenzen diese Entscheidungen haben werden: morgen, in 6 Monaten oder in 2 Jahren. Finde die kleinen Dinge in diesen Entscheidungen, die zu einem noch erfolgreicheren Ergebnis führen könnten
- Hole Dir weitere Expertisen ein, wenn möglich auch von Experten, die nichts unmittelbar mit Deinem Unternehmen oder Deiner Materie zu tun haben. Es geht hier um die Sichtweise auf eine Entscheidung, wie sie von einem «Ahnungslosen» gesehen wird. Damit kannst Du blinde Flecken vermeiden. Stichwort: betriebsblind
4. SCHAFFE EIN ORT, BEI DEM ALLE INFORMATIONEN ZUSAMMENLAUFEN
Für Dich als Entscheidungsträger ist es entscheidend, Dich auf die Aufgaben konzentrieren zu können, die wirklich Bedeutung haben. Um das zu schaffen, musst Du alle Ablenkungen ausschalten und Aufgaben, die Du nicht unbedingt erledigen musst, delegieren. Alles andere ist Micromanagement. Micromanagement funktioniert nicht einmal Alltag und schon gar nicht während besonderer Herausforderungen. Dieses «Nervenzentrum» von Personen, die alle Informationen bündeln, unterstützt Dich dabei, Dich auf die strategischen Entscheidungen zu konzentrieren und das operative Geschäft, Deinen dafür verantwortlichen Mitarbeitern zu überlassen. Eine Geschäftsleitung, die im operativen Business eingebunden ist, ist potenziell gefährlich für die Unternehmung.
Alle strategischen Entscheidungen laufen mit einem gewissen Potenzial von Unsicherheiten einher. Das Ergebnis einer strategischen Entscheidung kann nur antizipiert werden. Warum? Angenommen Du hättest vor 24 Monaten beschlossen eine Kette von Luxusrestaurants in der Schweiz zu gründen. Du stellst die besten Köche an, baust die tollsten Lokalitäten, in den besten Lagen und bestellst nur die hochwertigsten Produkte. Von allem das Beste. Vor 12 Monaten hätten Dir die meisten Experten Erfolg antizipiert. Und dann, dann kommt SARS-Cov2 daher und Du musst alles für einige Wochen schliessen. Strategische Entscheidungen sind immer nur so erfolgreich, wie der Markt es zum Zeitpunkt der Durchführung erlaubt.
Trenne auch strategische und taktische Entscheidungen. Strategische sind immer mit einem grossen Potenzial von Gefahren und Unsicherheiten ausgestattet. Taktische haben ein klares Ziel, ein geringes Mass an Unsicherheit und sind gut einschätzbar, was Kosten und Verdienstmöglichkeiten betrifft. Taktische Entscheidungen sind wichtig. Die meisten taktischen Entscheidungen sind aber besser im operativen Management angesiedelt. Dort kennt man das daily-business von heute besser und weiss viel mehr über Auswirkungen und Bedeutungen bescheid.
5. BESTÄRKE DEINE FÜHRUNGSKRÄFTE MIT URTEILSVERMÖGEN UND CHARAKTER
Helmut Schmidt, ehemaliger Bundeskanzler von Deutschland, sagte einmal: «In der Krise beweisst sich der Charakter».
In unserer täglichen Arbeit stelle ich das ebenfalls fest. Es gibt Manager und leider sind es sehr viele, die im Alltagsgeschäft genau wissen was zu sagen ist, niemand über die Füsse fahren und wissen was die Leute gerne hören wollen. Im normalen Alltagsgeschäft haben sie ihre Qualitäten. Wird es allerdings stressig oder wie in der aktuellen Lage sehr undurchsichtig, verlieren solche Führungskräfte sehr schnell ihre Maske. Sie sind nicht in der Lage ihre Abteilung oder ihr Unternehmen durch schwierige Zeiten zu führen. Das liegt nicht an mangelnder Erfahrung – sondern an einem schlechten Urteilsvermögen und einem mangelhaften Charakter.
Wir brauchen aber wieder Führungskräfte mit einem guten Urteilsvermögen und einen starken und empathischen Charakter. Solche Führungskräfte stehen auch die schwierigen Zeiten durch, bleiben neugierig und haben den Mut, die schwierigen Entscheidungen zu treffen, auch wenn sie sich damit unbeliebt machen. Sie hören sich verschiedene Perspektiven und Meinungen an, sammeln Informationen, im besten Interesse des Unternehmens und nicht in ihrem persönlichen Interesse und treffen die Entscheidung. Auch ohne auf breiten Konsens stossen zu wollen. Bei Entscheidungen, innert ihrer Befugnisse, eskalieren sie nur selten und nur die schwierigsten Themen an einen Vorgesetzten.
Wenn es darum geht neue Entscheidungsträger zu finden oder mehr Kompetenzen einzuräumen, wähle nicht nur aus dem offensichtlichen Personenkreis. Nimm einmal eine grössere Perspektive ein. Bei der Wahl einer neuen Führungskraft können Dir folgende Punkte eine Hilfe sein:
- Hat schon einmal eine Krise durchstanden, egal ob persönlich oder geschäftlich, und dabei Ruhe und Umsicht bewiesen. Wir in Europa unterschätzen Personen, die schon einmal gescheitert sind und glauben nicht an ihre Fähigkeiten. Ein falscher Standpunkt! Nur aus Fehlern kann man wirklich lernen
- Hat schon einmal harte und unpopuläre Entscheidungen getroffen, weil es das richtige war. Unabhängig der persönlichen Konsequenzen
- Ist bereit auch schlechte Neuigkeiten an seine Vorgesetzten weiterzuleiten, die man dort nicht gerne hört. Auch und vor allem, wenn es ihn persönlich betrifft
Hast Du Personen gefunden, die eines oder mehrere dieser Kriterien erfüllen, ermutige sie und gib ihnen die notwendigen Kompetenzen, Befugnisse und auch Vertrauen. Erinnere sie daran, dass Du von ihnen erwartest, auch dann Entscheidungen zu treffen, wenn die Informationslage dünn und unvollständig ist. Es geht nicht darum die perfekte Entscheidung zu treffen, denn perfekt ist der Tod der Effizienz. Lass sie und ermuntere sie dazu, Fehler zu machen, aber auch daraus zu lernen. Sie müssen das richtige tun, auch wenn es unpopulär ist.
Es geht nicht darum die perfekte Entscheidung zu treffen, denn perfekt ist der Tod der Effizienz.
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